Heidnische Relikte

 

Auch wenn der Norden Deutschlands durch Karl den Großen bereits um das Jahr 800 herum christianisiert wurde, finden sich in der jüngeren Vergangenheit des 17. und 18. Jahrhunderts noch heidnische Strukturen. Zwei Beispiele aus der Entstehungszeit des Röperhofs seien genannt:

Wie für das jüngere Niedersächsische Fachhallenhaus typisch, bilden die drei Wohnstuben im Röperhof das Kammerfach. In der Regel waren die Schmalseiten der Bauernhäuser die Giebel des großen Satteldaches. Beim Röperhof vermuten wir, dass die Nähe zur Stadt Altona und der offensichtliche Reichtum des Bauern zu dem ungewöhnlichen Grundriss mit dem Kammerfach als Querhaus vor dem Langbau geführt hat. In der mittleren Wohnstube finden wir eine zum Garten führende Tür. Bei den Giebelhäusern war dies u. a. ein feuersicherer Notausgang, da hier im Brandfall kein brennend abrutschendes Reet die Tür versperren konnte. Im Röperhof waren vermutlich auch andere Bedeutungen dieser Tür wichtig: Die Mittelstube war das Schlafzimmer der Bauern, hier stand die Aussteuertruhe der Bäuerin mit dem wertvollen Leinen, dem Geheimfach für Wertsachen etc. Diese Truhe konnte im Brandfall mit einem langen Haken durch die Gartentür ins Freie gezogen werden. Außerdem zog die Braut durch diese Tür ins Haus ein und gestorbene Familienmitglieder wurden durch diese Tür hinaus getragen.

Der Baugeschichtsprofessor Dr. Goerd Peschken wies darauf hin, dass derartige Türen außen gewöhnlich keinen Türgriff haben. Und tatsachlich ist das auch am Röperhof so: Diese hölzerne Tür ist von außen glatt und schier. Hier ist offenbar niemals ein Griff, ein Schloss oder ein Haken angeschraubt worden. Dieses wird damit erklärt, dass der Glaube an eine mögliche Wiederkehr der Toten noch lebendig war. Man wollte verhindern, dass verstorbene Familienmitglieder als Geister zurückkehrten und im Haus ihr Unwesen trieben.

Die Gartentür ohne Türgriff                                              Unter dem Fundament der Glaswand liegt ein Fohlenskelett

 

1991 wurden beim Bezirksamt Sondermittel für den Bau einer großen Glastrennwand im Röperhof beantragt. Das Deelentor im Wirtschaftsgiebel, die so genannte Grotdör, genügte den Ansprüchen des Wärmeschutzes nicht, denn sie ist nicht einmal winddicht abschließbar. Sie sollte jedoch original erhalten bleiben und nicht verändert werden. Da die Grotdör am Röperhof nach innen aufschlägt, war geplant, eine zweite, um ein Gefach nach innen versetzte und möglichst transparente Trennwand mit vergleichbar großen Türen in die Deele einzubauen. 

Mit 8000 DM an Sondermitteln wurde das Projekt in Eigenleistung von uns realisiert, nur die Glaserarbeiten wurden von einer Fremdfirma ausgeführt. Bei den Ausgrabungsarbeiten für ein frostfestes Fundament unter der Stahlkonstruktion wurde das Skelett eines Fohlens entdeckt und an seinem Ort belassen. Vermutlich stellt dieses Skelett die Überreste eines heidnischen Bauopfers dar, möglicherweise für das Fundament des vor dem Röperhof an derselben Stelle erbauten Bauernhauses. Bekanntlich ist im Jahr 1759 der alte Hof der Familie Röper, der 1736 von Hinrich  Röper erworben worden war, durch Brandstiftung zum größten Teil vernichtet worden. Es ist gut möglich, dass der alte Hof ein Gefach kürzer gewesen ist als der heutige Röperhof. Unter dieser Voraussetzung wäre die Lage des Skeletts genau unter dem südlichen Fachwerkständer der Grotdör, was der Darstellung in der Literatur entspräche. 

In „Bäuerliches Hauswesen und Tagewerk im alten Niedersachsen“ von Wilhelm Bomann (1927) heißt es zum Beispiel:

„Beim  Abbruch alter Bauernhäuser, besonders solcher aus dem 17. Jahrhundert, werden häufig alte „Bauopfer“ gefunden: Tontöpfe mit Tierknochen im Fundament eingemauert oder ein Hühnerei, gewöhnlich ein missgebildetes, so genanntes Steinei mit harter Schale und ohne Dotter, versteckt in der Türschwelle oder einem Seitenpfosten der Dönz. (...) Durch das alles wollte man nach dem lange noch festgehaltenen Aberglauben Blitzschlag, Krankheit, Verhexungen und anderes Ungemach von dem Hause, seinen Bewohnern und dem Vieh fernhalten.“ 

 

Christoph Mühlhans, August 2009